Die Rede unseres Fraktionssprechers Daniel Liebetruth zum Haushalt 2022

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

wie auch im letzten Jahr möchte ich ganz zu Anfang im Namen der SPD-Fraktion Danke sagen: Vielen Dank Ihnen, Herr Mronz, und Ihrem Team, dass Sie diesen Haushaltsentwurf und die zugehörigen, umfangreichen Erläuterungen entworfen haben. Vielen Dank auch dafür, dass Sie während des gesamten Jahres wieder so geduldig und bereitwillig für alle Rückfragen zur Verfügung gestanden sind. Das ist nicht selbstverständlich und es ist wirklich eine große Hilfe für uns ehrenamtliche Stadträtinnen und Stadträte.

Der Entwurf eines Haushalts und die mittelfristige Finanzplanung für eine Stadt unserer Größe ist eine Mammutaufgabe. Das Corona-Virus, das unser aller Leben bis zum heutigen Tage beeinflusst, und ein russischer Präsident, der aus einem unbegreiflichen Großmachtstreben heraus die europäische Friedensordnung über den Haufen wirft, machen diese Aufgabe nicht leichter. Denn auch die Stadt Germering kann sich den weltpolitischen Geschehnissen und Ungewissheiten nicht entziehen. Unsere kalkulierten Einnahmen hängen davon ab, dass die Wirtschaft floriert, dass Normalität möglich ist und dass Frieden herrscht. Die erwähnten Ungewissheiten treffen die Stadt Germering dazu in einer Zeit, in der wir uns gewaltige Investitionen vornehmen müssen –  die meisten davon sind Pflichtaufgaben, nämlich im Schul- und KiTa-Bereich.

Bei der Planung dieser Investitionen sind wir darauf angewiesen, dass die Baukosten, die Energiekosten und die Rohstoffpreise nicht ins Unermessliche steigen – dass sie für uns bezahlbar bleiben. Wie schnell es zu dramatischen Kostensteigerungen bei Energiepreisen kommen kann, haben viele von uns in den letzten Wochen ja beim Tanken erleben müssen und ich befürchte, dass wir es alle auch beim Heizen merken werden. Wie sich die erwähnten Krisen z.B. auf die Preise von Baustoffen und somit auf unsere Bauvorhaben auswirken, lässt sich gegenwärtig nicht seriös beziffern.

Bei den Beträgen im Haushaltsentwurf sind diese besonderen Risiken somit nicht eingepreist, weil sie schlicht und ergreifend nicht in Zahlen zu fassen sind. Aber schon ohne die Berücksichtigung dieser Unabwägbarkeiten gibt es berechtigten Anlass zur Sorge: Bis zum Ende des Jahres 2025 wird sich die Pro-Kopf-Verschuldung der Germeringer Bürgerinnen und Bürger auf 999 Euro erhöhen. Derzeit beträgt der Schuldenstand in etwa 680 Euro pro Kopf, womit wir in Germering schon jetzt über dem Landesschnitt der kreisangehörigen Kommunen in Bayern liegen. Im mittleren Finanzplanungszeitraum planen wir mit einer deutlichen, fast 50%-igen Erhöhung der Verschuldung, wodurch wir – und so ehrlich muss man an dieser Stelle sein – auch unseren Handlungsspielraum für die Zeit nach 2025 einschränken.

Wenn man optimistisch ist, könnte man natürlich argumentieren, dass es meistens nicht so schlimm kommt wie ursprünglich geplant. Denn rückblickend liegt die wirkliche Verschuldung in der Regel deutlich unter dem geplanten Wert. Jedoch gibt es aus unserer Sicht keinen Anlass für diesen Optimismus. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass der Großteil unseres Investitionsvolumens von rund 128 Millionen Euro für Pflichtaufgaben eingeplant ist. So entfallen vom genannten Investitionsvolumen allein knapp 80 Millionen Euro auf die Bauvorhaben Wittelsbacher Schule, Kirchenschule und Grundschule am Kreuzlinger Feld. Bei diesen Pflichtaufgaben haben wir keine Wahl: diese müssen und wollen wir leisten. Und diese können und dürfen wir vor allem nicht verschieben. Dass es bei großen Bauvorhaben aber zu Kostensteigerungen kommen kann, haben wir zuletzt bei den Baumaßnahmen an der Wittelsbacher Schule zur Kenntnis nehmen müssen.

Den finanziellen Zwängen ist – wie im letzten Jahr – die Erweiterung des Hallenbads zum Opfer gefallen. Das heißt, dass der Bau eines Lehrschwimmbeckens und eines Eltern-Kind-Bereichs mindestens bis auf 2026 verschoben ist. Bereits im letzten Jahr hat die SPD-Fraktion dies kritisiert und auch bei den Vorberatungen zum diesjährigen Haushalt war es uns ein Anliegen, dass die Erweiterung des Hallenbads wenigstens schriftlich für die Zeit nach 2025 vorgesehen wird, denn von den aus finanziellen Gründen geschobenen Vorhaben hat das Hallenbad für uns die höchste Priorität. Denn das alte Lehrschwimmbecken in der Wittelsbacher Schule wurde unter der Prämisse abgerissen, dass Ersatz dafür geschaffen wird. Dieser Ersatz ist notwendig, um unseren Bestand an Freizeiteinrichtungen zu erhalten und auszubauen – insbesondere vor dem Hintergrund steigender Einwohnerzahlen. Außerdem wird ein neues Lehrschwimmbecken dringend zur Deckung des Bedarfs an Schwimmkursen benötigt. Lange Wartezeiten für einen Schwimmkurs oder gar Kinder, die keinen Schwimmkurs mehr machen können – das sind Einschnitte, die es zu verhindern gilt. Darüber hinaus stünden natürlich auch mehr und flexiblere Zeiten für den allgemeinen Badebetrieb, den Vereinssport, Schulschwimmen und andere Gruppen, die unsere Bäder nutzen, zur Verfügung.

Trotz der finanziell angespannten Lage gelingt es uns aber einige positive Akzente zu setzen, von denen ich zwei Beispiele exemplarisch herausgreifen möchte: Beim Busverkehr in Germering gab es mit der Fahrplanänderung im vergangenen Jahr echte Verbesserungen für unsere Bürgerinnen und Bürger. Diese Verbesserungen haben natürlich einen Preis und dieser wird im Haushalt abgebildet. Was nicht in Zahlen ausgedrückt werden kann und sich somit nicht im Haushaltsentwurf wiederfinden lässt, sind die dadurch erreichte Steigerung der Lebensqualität für unsere Bürgerinnen und Bürger oder Aspekte wie z.B. der Klimaschutz.

Außerdem ist im Haushaltsentwurf – vorbehaltlich einer Förderung – die Neugestaltung und Modernisierung des Vereinsgeländes des SCUG enthalten. Die Unterstützung der Germeringer Vereine ist uns allen – denke ich – ein besonderes Anliegen und wir möchten deshalb betonen, dass wir uns darüber freuen, dass es gelungen ist, dieses Vorhaben im Haushalt darzustellen.

Der Verkehr in Germering ist ein Thema, das uns bei fast allen Projekten begegnet: Viele Bürgerinnen und Bürger beklagen zurecht Belastungen durch eine stetige Zunahme des Autoverkehrs. Die Antwort darauf kann nur sein, dass Alternativen zum Auto – insbesondere der Radverkehr – nachhaltig gefördert werden. Es ist begrüßenswert, dass wir einzelne Projekte zur Förderung des Radverkehrs umsetzen können, z.B. die Neugestaltung der Wirtschaftswege entlang des westlichen Teils der Landsberger Str., aber es wird weiterer Anstrengungen in diesem Bereich bedürfen, damit die Mobilitätswende in unserer Stadt gelingt.

Im Haushaltsentwurf wird davon ausgegangen, dass das Kreuzlinger Feld in der Form bebaut wird, in der es von der Stadtratsmehrheit von CSU und Freien Wählern befürwortet wird. Ob dies so kommt, ist keineswegs gewiss. Wir werden dies erst nach dem Bürgerentscheid am 24. April wissen. Wir hätten zum jetzigen Zeitpunkt allerdings längst Gewissheit, wenn das Bürgerbegehren nicht ungerechtfertigter Weise mit den Stimmen der genannten Parteien für unzulässig erklärt worden wäre.

Es gibt ein großes Interesse in der Germeringer Bürgerschaft an den baulichen Entwicklungen. In Bezug auf das Kreuzlinger Feld ist dies auch mehr als nachvollziehbar, da für die Stadt Germering die Entwicklung eines Quartiers mit 1400 Einwohnern eine deutlich größere Dimension hat als beispielsweise die Entwicklung Freihams für die Stadt München, wenn man die Einwohnerzahlen der beiden Städte zugrunde legt. Die Germeringer Bürgerinnen und Bürger haben ihr Interesse auch mit zahlreichen Einwendungen zu den Bebauungsplänen zum Ausdruck gebracht. Diese wurden bei der Behandlung im zuständigen Ausschuss allerdings allesamt nicht berücksichtigt. In der Folge machten die Bürger von ihrem guten Recht Gebrauch und sammelten Unterschriften für das Bürgerbegehren. Dieses Bürgerbegehren – das ist ja allen bekannt – wurde von der besagten Stadtratsmehrheit sogar durch zwei gerichtliche Instanzen hindurch versucht für unzulässig zu erklären. Für die Zukunft sollten wir uns vornehmen, dass wir die Bürgerbeteiligung effektiver und zeitgemäßer gestalten. Die SPD-Fraktion hat deshalb einen Antrag für die Etablierung einer Online-Bürgerbeteiligung gestellt, der vom Stadtrat angenommen wurde. Die Etablierung der Online-Bürgerbeteiligung wird selbstverständlich auch Geld kosten: für die Gestaltung der Plattform und für den Personalaufwand zur Betreuung dieser Plattform. Allerdings sind dies Ausgaben, die uns eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, die uns bessere Ergebnisse als gegenwärtig ermöglichen und die uns somit langfristig Geld sparen werden.

Das Kreuzlinger Feld ist auch das Stichwort für ein weiteres Thema, auf das ich eingehen möchte: Aufgrund unserer finanziellen Situation und der Entwicklung der Preise für Wohnraum ist es nicht realistisch, dass die Stadt Germering im großen Stil Wohnraum auf dem freien Markt ankauft. Wir haben dafür im Haushaltsentwurf auch keine Gelder eingeplant. Die vom Investor des Kreuzlinger Feldes veröffentlichten Vorkaufsrechte für Wohnungen durch die Stadt existieren daher nur auf dem Papier. Wir werden sie nicht ausüben können. Vor diesem Hintergrund müssen wir als Stadt dringend darüber nachdenken, wie wir für bezahlbaren Wohnraum sorgen können. Aus diesem Grund hat die SPD-Fraktion vor gut einem Jahr die Erhöhung der Anteile und Bindungsfristen im Rahmen der sozialgerechten Bodennutzung beantragt. Der Antrag wurde damals abgelehnt. Auch wenn sich eine Anpassung unserer Verfahrensgrundsätze bei der SoBoN nicht mehr auf die Bebauung des Kreuzlinger Feldes auswirken würde, so konnte man der Diskussion um das Kreuzlinger Feld in den vergangenen Wochen doch entnehmen, dass sich auch bei anderen Fraktionen die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass wir nachhaltigere Lösungen für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum brauchen. Wir hoffen daher, dass wir in absehbarer Zeit auch in Germering eine angemessene Lösung finden. Andere Kommunen wie Türkenfeld, Fürstenfeldbruck oder München machen es uns vor.

Zum Abschluss meiner Ausführung möchte ich noch einen Appell an die Bayerische Staatsregierung richten: Die Kommunalfinanzen sind Aufgabe der Bundesländer. Ein Großteil der öffentlichen Investitionen wird von den Kommunen getätigt. Wer ein modernes Land haben möchte, braucht finanzkräftige und handlungsfähige Kommunen. Angesichts der drohenden wirtschaftlichen Entwicklung durch die Ukraine-Krise dürfen die bayerischen Kommunen nicht im Regen stehengelassen werden. Und im Übrigen sind es nicht nur die finanziellen Folgen der Ukraine-Krise durch z.B. Kostensteigerungen: Die Aufnahme, Unterbringung und Integration von Geflüchteten werden wesentlich von den Kommunen organisiert und geleistet – auch das sei hier erwähnt.

Doch neben den Finanzen benötigen die bayerischen Kommunen die Unterstützung der Staatsregierung auch in anderen Bereichen: Für die Megathemen bezahlbares Wohnen und Kampf gegen den Klimawandel benötigen sie Instrumente, um handeln zu können. Denn wie Sie alle sehen: Angesichts der großen Ausgaben, die wir für unsere Pflichtaufgaben im Bereich der sozialen Infrastruktur leisten müssen, bleiben Germering kaum finanzielle Mittel übrig, um z.B. bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und Maßnahmen für den Klimaschutz zu ergreifen. Es ist daher dringend geboten, dass die bayerische Staatsregierung endlich die notwendigen Rechtsverordnungen erlässt, damit das Baulandmobilisierungsgesetz der letztenBundesregierung in Bayern in Kraft tritt. Dies erhöht die Möglichkeiten für Kommunen Mieter zu schützen und dringend benötigten Wohnraum, insbesondere bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Und im Zusammenhang mit dem Klimaschutz möchte ich noch einmal an die beeindruckenden Vorträge von Frau Professor Denk bei uns im Stadtrat und im Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss erinnern: Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, müssen wir den Pro-Kopf-Ausstoß von CO2 ohne Verkehr bis 2030 von drei Tonnen auf zwei Tonnen reduzieren. Dafür brauchen wir einen massiven Ausbau von PV-Anlagen in Germering und wir müssen das Potential für die Nutzung der Windkraft vor Ort ausschöpfen. Möglicherweise kann auch die Nutzung der Geothermie ein sinnvoller Baustein für eine nachhaltige und krisensichere Energieversorgung sein. Dafür braucht es allerdings die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen. In Bayern warten wir seit knapp einem Jahr vergeblich auf die angekündigte Novellierung des bayerischen Klimaschutzgesetzes, in dem eine solare Baupflicht enthalten sein könnte. Und Voraussetzung für die Nutzung der Windkraft bei uns vor Ort ist, dass die unsägliche bayerische 10H-Regelung endlich fällt.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,

der vorliegende Haushaltsentwurf ist – wie ausgeführt - mit Risiken behaftet. Viele dieser Risiken können wir nicht beeinflussen. Der Löwenanteil unserer Investitionen ist für Pflichtaufgaben eingeplant. Alle Investitionen, die darüber hinausgehen, sind gut abgewogen und dringend notwendig. Wir als SPD-Fraktion stimmen dem Haushaltsplan 2022 und dem mittleren Finanzplan aus Investitionstätigkeit bis 2025 daher zu.

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